„Wer ist nun, da Henry Moore tot ist, der größte Bildhauer der Welt?“
Diese Frage stellte 1988 Michael Shephard, Chefkritiker des Londoner Sunday Telegraph und Mentor der Royal Academy Schools. Shephard lieferte auch die Antwort dazu:
„In meinen Augen gibt es drei Bewerber
Sylvester Mubayi, Joseph Ndandarika und
Nicholas Mukomberanwa, sie kommen alle drei aus Zimbabwe!“
Bereits im September 1987 stellte ein Artikel der Newsweek fest: „
Shona Bildhauerei
ist wahrscheinlich eine der wichtigsten neuen Kunstformen dieses Jahrhunderts.“
Die
Entwicklungsgeschichte
der Bildhauerbewegung Zimbabwes ist gerade etwas mehr als 60 Jahre alt und hat heute ein weltweit unerreichtes Ausmaß angenommen.
Nirgendwo sonst arbeitet eine vergleichsweise große Anzahl von Künstlern in ein und dem selben Fach und nirgendwo sonst lebt eine so große Zahl von
Bildhauern
ausschließlich von der Kunst. Mehr als 30
Bildhauer Zimbabwes
werden zu den besten der Welt gezählt.
Skulpturen aus Zimbabwe sind im Museum of Modern Art in New York, im Museé Rodin in Paris, im Völkerkundemuseum in Frankfurt und in anderen bedeutenden Museen der Welt ausgestellt. In Sydney, London, Amsterdam, auf der Biennale in Venedig und den Weltausstellungen in Sevilla und Hannover fanden bejubelte Ausstellungen statt.
Seit sich die
Bildhauerkunst aus Zimbabwe
in der internationalen Kunstszene etabliert hat, wird auch die Frage der Authentizität diskutiert. Vielen sind die
Skulpturen
zu wenig „afrikanisch“ – was auch immer dieses Wort bei einem Kontinent mit 53 Ländern und unzähligen ethnischen Gruppen genau bezeichnet. Anderen bereitet es Schwierigkeiten, eine klare Trennlinie zwischen Kunst und Kunsthandwerk zu erkennen.
Es ist richtig, dass heute an jeder Ecke Zimbabwes oft sehr ästhetische
Steinskulpturen
angeboten und immer mehr Werkstätten gegründet werden, in denen angehende
Künstler
oder geschickte Handwerker Ware für die Straßenmärkte produzieren, um die steigende Nachfrage nach Souvenirs zu bedienen. Doch kann sich jeder vor solcher „Airport Art“ – wie
Frank McEwen
allzu gefällige und als Souvenirs produzierte Ware nannte – schützen indem er seine
Skulpturen
in renommierten Galerien oder beim Künstler selbst kauft.
Es ist auch richtig, dass Arbeiten von
Nicholas Mukomberanwa in Ausdruck und Stil an Werke von Pablo Picasso erinnern und das minimalistische „Henry Gesicht“ an die Gesichter Paul Klees. Zum einen ist es aber schwer nachzuvollziehen, wie ein
Nicholas Mukomberanwa oder ein
Henry Munyaradzi im Rhodesien der 60er und 70er Jahre Zugang zu europäischen Kunstwerken gehabt haben soll und zum anderen waren es wohl eher europäische Expressionisten, die lange bevor es den
Bildhauern Zimbabwes
möglich war, nach Inspirationen außerhalb ihres Kulturkreises gesucht haben und reichlich von dem Überangebot an Ideen und Stilelementen afrikanischer Plastiken und Masken Gebrauch machten.
Dass die Entwicklung dieser
Bildhauerkunst
im damaligen Rhodesien unter dem Einfluss
Frank McEwens
begann, ist unbestritten. Ebenso, dass der Zugang zur westlichen Kunst auch für die
Bildhauer Zimbabwes
einfacher geworden ist. Eine Vielzahl
zimbabwischer Bildhauer
war inzwischen in Europa, den USA und Australien und viele westliche Künstler haben in Zimbabwe gearbeitet. Alles andere als ein Assimilationsprozess wäre nicht normal.
Eine Haltung, einerseits die Verwendung sogenannter primitiver Stile und Motive bei westlichen Künstlern zu bejubeln und andererseits westliche Einflüsse in den Arbeiten afrikanischer Künstler zu verurteilen, scheint jedoch nicht unwesentlich von Elementen kolonialen Chauvinismus geprägt.
Jeder
Bildhauer Zimbabwes
hat seinen Stil im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst entwickelt. In jeder
Skulptur
manifestiert sich die reelle und die imaginäre Welt ihres Schöpfers. Und so sind bei intensiver Betrachtung in den
Skulpturen
charakteristische
Motive
zu erkennen, aber auch neue Ideen zu finden und Entwicklungen nachzuvollziehen.
Die wenigsten
Bildhauer Zimbabwes
haben theoretische Ausbildungen genossen. Ihre
Skulpturen
entstehen nicht nach Skizzen oder Modellen, sie entstehen aus dem Dialog mit dem Stein, dessen Seele vom Künstler freigelegt wird.
Dem Betrachter bleibt es überlassen, theoretische Ansätze zu diskutieren oder sich der Faszination der
Skulpturen
zu öffnen und die Kraft in Stein und Arbeit zu fühlen.
Into Africa
Fritz Meyer
Wernsbach 16
91166 Georgensgmünd