Die Thematik der
Shona Skulpturen spiegelt die reale und imaginäre Welt des Künstlers wider. Die Persönlichkeit des Künstlers, seine Sozialisation, seine Tradition, die persönliche Geschichte und seine Visionen bestimmen sein Werk. Szenen aus Erzählungen und Überlieferungen finden sich ebenso, wie Auseinandersetzungen mit Herkunft und Mythologie.
Die Shonavölker, wie die meisten Angehörigen der Sprachgruppe der Bantu, untergliedern sich in Untergruppen, die als Mutopo bezeichnet werden. Das Mutopo wird als zeremonielle Ansprache verwendet und bestimmt Ansehen und Respekt. Es wird vom Vater an die Kinder weitergegeben.
Angehörigen des gleichen Mutopo ist es streng verboten untereinander zu heiraten. Dafür kann man sich im Falle einer Notlage der Unterstützung anderer Angehöriger des Mutopos sicher sein, auch wenn diese weit entfernt leben und sich teilweise persönlich nicht kennen. Das Mutopo ist das wichtigste Kriterium, Verwandtschaftsbeziehungen zu definieren.
Dem Mutopo kommt auch eine spirituelle Funktion zu. Wer sich oder eine andere Person dazu bringen möchte, etwas zu tun oder nicht zu tun, appelliert an sein Mutopo. Ein Vorgang, der dem eines Schwures oder heiligen Eides vergleichbar ist.
Das Mutopo ist oft der Name eines Tieres oder eines natürlichen Elementes. Einem Angehörigen eines Mutopo ist es nicht erlaubt, dieses zu zerstören, zu töten oder zu essen.
In fast allen afrikanischen Völkern sind heute noch Ahnenkult und Animismus tief verwurzelt. Der Glaube an die Beseeltheit der Dinge bestimmt in reiner oder synchretistischer Form Werte und Normen. Religion in den afrikanischen Gemeinschaften beschränkt sich nicht auf Gottesdienst und Spiritualität, sondern bestimmt zu großen Teilen Alltag, Handeln und Denken.
Zwangsläufig schlägt sich die religiöse Welt der Künstler auch in ihren Skulpturen nieder. Wird versucht Unerklärliches und Überirdisches darzustellen und zu erklären. Finden sich Motive die sich auf das Verhältnis der Ahnen zu den Lebenden beziehen. Tiergestalten, abstrakt und naturgetreu, stellen Mutopo und Tabus der Gesellschaften dar.
Skulpturen zeigen Gottheiten und Geister in den Gestalten und Formen, in denen sie dem Künstler erscheinen. Metamorphosen von Mensch zu Tier beschreiben den Kontakt der Lebenden mit den Ahnen, den Respekt vor dem Mutopo und die Gefahr, in die man sich begibt, wenn man die Regeln des Mutopos übertritt.
Neben spirituellen Themen findet sich eine Vielzahl von Szenen des afrikanischen Alltags, Darstellungen des dörflichen Lebens, Ernte und Vieh. Häufig werden die Autoritäten der Dorfgemeinschaften dargestellt, der Dorfchef, der N‘anga, der Schulmeister und der Missionar.
Beliebt sind Beziehungen, wie Mutter und Kind, Liebende, Familien. Auseinandersetzungen mit dem Schicksal führen zur Darstellung von Menschen in außergewöhnlichen Situationen wie der Blinde, die Witwe oder der Verzweifelte.
Fanden anfänglich zeitgenössische oder politische Motive kaum Verwendung setzen sich die
Bildhauer zunehmend auch mit aktuellen Themen auseinander. Einen breiten Raum nehmen dabei der Umbruch in der afrikanischen Gesellschaft, die zunehmenden westlichen Einflüsse und das Verschwinden überlieferter afrikanischer Traditionen ein. Gesellschaftliche Probleme wie AIDS, Arbeitslosigkeit und Korruption werden ebenso verarbeitet wie familiäre, etwa die Veränderung der Rolle der Frau in Afrika.
Nicht alle Bildhauer lassen sich von spirituellen oder sozialen Hintergründen inspirieren. Sie bilden ganz profane Motive ab, Ideen die ihnen die umgebenden Landschaft und Natur liefert.
Verteilt über das ganze Land finden sich immer wieder abenteuerliche Steinskulpturen, sogenannte Balancing Rocks, die für sich schon Kunstwerke darstellen. Flora und Fauna existieren in unglaublicher Vielfalt, die gerade danach schreit, in Stein gemeißelt zu werden.
Neben thematisch eindeutig einzuordnenden Skulpturen sehen viele Künstler zunehmend das Wesentliche in der Skulptur an sich. Unwesentlich ist dem Künstler dabei der Hintergrund seiner Darstellung. Im Vordergrund stehen Formen und Oberflächen.
Bei den meisten Skulpturen handelt es sich nicht um das Abbild eines Entwurfes, obwohl die meisten Künstler sehr wohl in der Lage sind, sich an Modellen zu orientieren und Auftragsarbeiten ausführen. In jedem Fall hat sich das Werk im Dialog des Künstlers mit seinem Stein entwickelt. Hat unter der Arbeit die Form gewechselt und häufig den Inhalt.
Um der Phantasie des Betrachters keine Richtung zu diktieren, erhalten solche Skulpturen oft nicht einmal einen Namen. Es ist der Stein, das Werk, das für sich sprechen soll.
Into Africa
Fritz Meyer
Wernsbach 16
91166 Georgensgmünd